Denkbare Neukonzeption des Projekts „ABS/NBS Hanau - Würzburg / Fulda - Erfurt“

 

 

- Eine Anmerkung zum Bundesverkehrswegeplan -

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Statt Bau der im BVWP 2003 bzw. Entwurf zum BVWP 2030 vorgesehen "ABS/NBS Hanau - Würzburg / Fulda - Erfurt" besser Bau einer Verbindungsstrecke von ca. 130 km Länge direkt von Frankfurt bis zu den bestehenden Neu- und Ausbaustrecken in Richtung Kassel - Hamburg bzw. Erfurt - Berlin bei Kirchheim bzw. Blankenheim in (teilweiser) Bündelung mit der Autobahn 5.

 

1.1 Ziele

·           Verkürzung der Fahrzeit zwischen (Südwestdeutschland -) Frankfurt und Kassel (- Hannover - Bremen/Hamburg) um ca. 30 min

·           Verkürzung der Fahrzeit zwischen (Südwestdeutschland -) Frankfurt und Erfurt (- Halle/Leip­zig - Berlin/Dresden) um ca. 35 min

·           Verkürzung der Entfernung auf den genannten Relationen um jeweils ca. 15 km

·           Erhöhung der Netzkapazität im Raum Frankfurt durch Trennung von Regional- und Güterverkehr einerseits sowie Fernverkehr andererseits [zwei zusätzliche Gleise für den schnellen Personenverkehr und ggf. nachts den Güterverkehr von Kassel/Bebra bis Frankfurt bzw. südl. von Frankfurt; Entlastung der Strecke Frankfurt - Fulda vom ICE-Verkehr, dadurch auch dort zusätzliche Kapazitäten für Regional- und Güterverkehr]

·           Erzielung wesentlich höherer bzw. überhaupt von Fahrzeitverkürzungen im Vergleich zu den Planungen des BVWP

·           Durch das im Vergleich zur ursprünglichen Planung des BVWP „Heranrücken“ der Neubaustrecke an Frankfurt kommen die Fahrzeitverkürzungen zusätzlich auch der Verbindung Frankfurt - Kassel – Hannover - Hamburg zugute

·           Korrektur des vergleichsweise langsamen Fernstreckennetzes der Deutschen Bahn auf einer der wichtigsten Verkehrsachsen. [Nach Köln - Frankfurt und Frankfurt - Mannheim ist die Relation Frankfurt - Kassel/Erfurt die vermutlich drittwichtigste Verbindung im Streckennetz der Bahn.]

·           Nutzung der Strecke nachts durch den Güterverkehr bei Durchbindung der Strecke nach Frankfurt Zeppelinheim (Güterverkehr via Neubaustrecke von Kassel / Bebra bis Zeppelin­heim (und ggf. weiter über die NBS Rhein/Main - Rhein/Neckar bzw. die Riedbahn) über eine A5 parallele Neubaustrecke. Lärmentlastung von Fulda, Hanau, Teilen von Offenbach und Frankfurt.)

 

 

1.2 Skizze: Das Projekt im Vergleich zu den Planungen des BVWP 1992

Lage einer ca. 130 Km langen Verbindungsstrecke „Frankfurt - Kassel/Erfurt“ im Streckennetz der Deutschen Bahn. Die farbigen Linien stellen die Planungen des BVWP dar; die eingezeichnete gestrichelte Linie die Alternativplanung.

Beginn der Neubaustrecke am Frankfurter Westkreuz (km 5 ab F-Hbf) mit Durchbindung zur Neubaustrecke Rhein/Main - Rhein/Neckar. Bei Butzbach und Reiskirchen Anbindung von Gießen, bei Kirchheim (km 125) Verknüpfung zur Neubaustrecke Hannover - Würzburg, bei Mecklar-Blankenheim (km 137) Verknüpfung zur Ausbaustrecke (Fulda -) Blankenheim - Erfurt.

An der Skizze wird deutlich, das im Vergleich zum Bundesverkehrwegeplan durch das Heranrücken der Neubaustrecke an Frankfurt die so erzielbaren Fahrzeitgewinne nicht nur Fahrgästen in Richtung Erfurt, sondern auch in Richtung Kassel zugute kommen würden.

In Richtung Erfurt könnte ggf. durch Linienverbesserungen sowie Trassenkorrekturen bei Blankenheim, Hönebach, Sallmannshausen und Wartha ein Ausbau der Strecke Bebra - Erfurt für Fahrgeschwindigkeiten bis 230 km/h erfolgen.

Karte: BMV: Anlage zum BVWP 1992  Zeichenerklärung

 

 

 

1.3 Skizze: Das Projekt im Vergleich zu den Planungen des BVWP 2003 bzw. BVWP 2030

 

Die farbigen Linien stellen wiederum die Planungen des BVWP dar; die eingezeichnete gestrichelte Linie die Alternativ­planung. Im Vergleich zur Planung des BVWP fallen insbesondere folgende Punkte auf: Bei Bau einer direkten Neubaustrecke entlang der A 5 stünden zwei zusätzliche Gleise bereits direkt aus dem Knoten Frankfurt an bereit; bei Bau einer Neubaustrecke Gelnhausen - Mottgers hingegen erst ab weit außerhalb Frankfurts. Außerdem müsste bei letzterer Variante bei jeder Fahrt in Richtung Norden und Osten ein deutlicher Umweg bis weit südlich von Fulda genommen werden, was für eine der wichtigsten Verkehrsachsen der Bahn nicht akzeptabel erscheint. Desweiteren könnte eine direkte Neubaustrecke vergleichsweise einfach zur Neubaustrecke Rhein/Main - Rhein/Neckar durchgebunden werden, was eine weitere Entlastung des Knotens Frankfurt ermöglichen würde. Karte: BMV: Anlage zum BVWP 2003

 

 

 

1.4 Tabelle

 

 

heute

A 5 Trasse

BVWP 2030*

Verkürzung

Fahrzeit Frankfurt - Kassel

80 min

50 min

75 min

30 min / 5 min

Fahrzeit Frankfurt - Hamburg

3 h 35 min

2 h 40 min**

3 h 30 min

55 min / 5 min

Fahrzeit Frankfurt - Bebra (- Erfurt)

75 min

40 min

65 min

35 min / 15 min

Fahrzeit Frankfurt - Berlin

4 h 00 min

2 h 55 min

3 h 15 min

65 min / 45 min

Fahrzeit Frankfurt - Dresden

4 h 25 min

3 h 05 min

3 h 25 min

80 min / 60 min

Entfernung Frankfurt - Kassel

194 km

177 km

200 km

17 km / - -

Entfernung Frankfurt - Hamburg

515 km

473 km

498 km

42 km / - -

Entfernung Frankfurt - Bebra

157 km

141 km

169 km

16 km / - -

 

* bzw. Entwurf zum BVWP 2030. Werte teilweise gerundet   ** + NBS Maschen - Celle-Süd. Vmax = 250 km/h

 

 

 

 

2. Ausführliche Beschreibung

 

2.1 Ausgangslage

 

Die Hauptstrecken des deutschen Eisenbahnnetzes entstanden größtenteils im vorletzten Jahrhundert. Um möglichst viele Orte zu erschließen, wurden oft große Umwege in Kauf genommen. Die Strecken selber wurden zur Vermeidung aufwendiger Kunstbauten häufig entlang enger Flußtäler oder in Anschmiegung an Hügel und Berghänge geführt. Dabei war vielfach die Verwendung enger Kurvenradien notwendig, die auch noch heute die Höchstgeschwindigkeit der Züge auf 80 - 130 km/h begrenzen.

 

Diese Gegebenheiten gelten im besonderen Maße auch für die Mittelgebirgsstrecke Frankfurt - Fulda - Erfurt. Einer Streckenlänge der Bahn von 258 km zwischen Frankfurt und Erfurt steht eine Luftlinienentfernung von nur etwa 190 km gegenüber. Bei einer Reisegeschwindigkeit von nur ca. 90 km/h (bezogen auf die Luftlinienentfernung) beträgt die Fahrzeit für diese vergleichsweise kurze Strecke selbst bei Einsatz von Neigetechnikzügen über 2 Stunden. Möglich wäre jedoch eine Halbierung der Reisezeit. So beträgt beispielsweise auf der vergleichbaren Distanz von Paris nach Lille (Luftlinienentfernung = ca. 200 km) die Fahrzeit mit dem TGV nur 1 Stunde.

Ähnliches gilt  - trotz bereits teilweise vorhandener Neubaustrecke -  für die Strecke Frankfurt - Fulda - Kassel, wo einer Luftlinienentfernung von nur etwa 145 km eine Streckenlänge der Bahn von 194 km gegenüber steht  -  mit entsprechend langen Fahrzeiten.

 

Naturgemäß werden diese wenig attraktiven Reisezeiten auch auf die vielen über Frankfurt, Kassel oder Erfurt hinausgehenden Verbindungen übertragen. So betragen beispielsweise auf den stark frequentierten Verbindungen Frankfurt - Berlin und Frankfurt - Hamburg die Fahrzeiten mit der Bahn momentan 3 1/2 - 4 Stunden. Möglich wäre jedoch eine Reduzierung auf unter 3 Stunden.

 

 

 

 

2.2 Die Strecke Frankfurt - Kassel/Erfurt als Hauptachse im deutschen und europäischen Eisenbahnnetz

 

Die Strecke Frankfurt - Fulda (- Kassel/Erfurt) bzw. eine denkbare Neubaustrecke "Frankfurt - Abzw. Kassel / Abzw. Erfurt" (im folgenden vereinfacht Frankfurt - Kassel/Erfurt genannt) zeichnet sich im besonderen Maße durch ihre zentrale Lage im deutschen Eisenbahnnetz aus, da sie im Überschneidungsbereich sowohl wichtiger Nord-Süd- als auch Ost-West-Relationen liegt. Sie verbindet sowohl den gesamten norddeutschen Raum, d. h. Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen und Niedersachsen als auch die fünf neuen Bundesländer und Berlin mit dem Rhein-Main/Rhein-Neckar-Gebiet (Südhessen), Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland. Gleichfalls ist sie Bindeglied zwischen dem Rheinland und Thüringen/Sachsen.

 

Im bundesdeutschen Eisenbahn-Fernverkehrsnetz spiegelt sich das in der Einbindung in zahlreiche IC/ICE-Linien wieder, so etwa der folgenden (künftigen) Linien:

1. München - Stuttgart - Mannheim - Frankfurt - - Kassel - Hannover - Bremen/Hamburg (/Berlin)

2. Basel - Karlsruhe - Mannheim - Frankfurt - - Kassel - Hannover - Bremen/Hamburg (/Berlin)

3. Saarbrücken - Mannheim - Frankfurt - - Erfurt - Halle/Leipzig - Berlin/Dresden

4. Köln - Bonn (Siegburg) - Frankfurt - - Erfurt - Leipzig/Chemnitz - Dresden

 

Darüber hinaus spielt die Strecke Frankfurt - Kassel/Erfurt auch im europäischen Maßstab eine wichtige Rolle, ist sie doch Bestandteil vieler bedeutender transeuropäischer Eisenbahnmagistralen, so bspw. der Verbindungen

1. Paris - Straßburg/Saarbrücken - Frankfurt - Berlin - Warschau,

2. London - Brüssel - Köln - Frankfurt - Dresden - Prag und

3. Mailand - Zürich - Basel - Frankfurt - Hamburg - Kopenhagen - Stockholm.

 

Durch diese starke Bündelung der Verkehrsströme weist die Strecke Frankfurt - Kassel/Erfurt eines der höchsten Verkehrsaufkommen im deutschen und europäischen Streckennetz auf. Durch diese starke Bündelung der Verkehrsströme weist die Strecke Frankfurt - Kassel/Erfurt eines der höchsten Verkehrsaufkommen im deutschen und europäischen Streckennetz auf.

Für 2030 wird im Fernverkehr ein Reisendenaufkommen von 14 Mio / Jahr prognostiziert; das ist nach Frankfurt - Mannheim [19,7 Mio] und Mannheim - Stuttgart [18,8] das dritthöchste Verkehrs­aufkommen im Netz der Deutschen Bahn.

 

 

Lage einer denkbaren NBS Frankfurt - Kassel/Erfurt in einem zukünftigem ICE-Liniennetz

 (Quelle: Broschüre "Die Bahn informiert": Neubau- und Ausbaustrecken, Hochgeschwindigkeitsverkehr, Intercityexpress; Seite 17:

 Vision eines  ICE-Liniennetzes im Jahr 2005; DB/DR; Frankfurt/M. 1993; siehe hier)

 

 

 

2.3 Die Vorteile einer Neubaustrecke zwischen Frankfurt und den bestehenden Neu- und Ausbaustrecken in Richtung Kassel bzw. Erfurt im Vergleich zu anderen Planungen

 

Eine direkte Neubaustrecke zwischen Frankfurt und Kassel bzw. Bebra (- Erfurt) ermöglicht

- eine um ca. 30 min kürzere Fahrzeit zwischen Frankfurt / Südwestdeutschland

  und Kassel / Norddeutschland,

- eine um ca. 35 min kürzere Fahrzeit zwischen Frankfurt / Südwestdeutschland

  und Erfurt / Ostdeutschland bei

- eine um ca. 45 min kürzere Fahrzeit zwischen Nord-/Ostdeutschland und Südwestdeutschland bei Umfahrung von Frankfurt;

- bei einer um ca. 15 km kürzeren Fahrstrecke.

 

In Verbindung mit den Nachbarprojekten ABS Bebra - Erfurt, NBS/ABS Erfurt - Halle/Leipzig - Berlin, NBS Hannover - Hamburg/Bremen und NBS Rhein/Main - Rhein/Neckar ergeben sich attraktive Reisezeiten, die einen deutlichen Fahrgastzuwachs zugunsten der Bahn erwarten lassen. So würde z. B. die Fahrzeit Berlin - Frankfurt oder Köln - Leipzig nur noch ca. 3 Stunden betragen; zwischen Hamburg und Stuttgart oder Köln und Dresden wäre eine Verringerung der Fahrzeit auf ca. 4 Stunden möglich.

Darüber hinaus ließen sich in Verbindung mit einer Neubaustrecke Rhein/Main - Rhein/Neckar Frankfurt - Mannheim recht attraktive Reisezeiten für Frankfurt umfahrende Züge aus Norddeutschland nach Südwestdeutschland erreichen (Durchbindung einer NBS Kassel / Erfurt - Frankfurt entlang der Autobahn 5 zur NBS Rhein/Main – Rhein/Neckar.)

 

Weiterhin wäre durch den Bau einer NBS Frankfurt - Kassel/Erfurt eine Entlastung der stark befahrenen Altstrecke Frankfurt - Fulda möglich, da 2 zusätzliche Gleise direkt von Frankfurt in Richtung Nordosten zur Verfügung stehen würden. Durch die Steigerung der Kapazität des gesamten Streckennetzes östlich von Frankfurt bestünde dann z.B. die Möglichkeit von Taktver­dichtungen zwischen Frankfurt und Fulda.

Auch würden dort zusätzliche Kapazitäten für den Güterverkehr geschaffen, da auf der Strecke Frankfurt – Fulda kein oder sehr viel weniger ICE Verkehr vorhanden wäre.

Bei Durchbindung einer Neubaustrecke Frankfurt - Kassel/Erfurt nach Frankfurt Zeppelinheim

(+5 Km) bzw. zur Riedbahn und Neubaustrecke Rhein/Main - Rhein-Neckar könnte auch die Neubaustrecke selbst insbesondere nachts durch den Güterverkehr genutzt werden und wäre eine Lärmentlastung etwa von Fulda, Hanau sowie Teilen von Offenbach und Frankfurt möglich. (Auslegung für eine Längsneigung von max. 12,5 ‰; Güterverkehr via Neubaustrecke dann von Kassel / Bebra bis F.-Zeppelinheim nachts über eine A5 parallele Neubaustrecke.)

Der BVWP 1992 sah in seiner ursprünglichen Fassung für das Streckennetz nordöstlich von Frankfurt einen mehrgleisigen Ausbau der bestehenden Strecke Hanau - Fulda (mit einer abschnittsweisen Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit auf 160 - 200 km/h) sowie einen Strecken­neubau zwischen Fulda und Eisenach bzw. Erfurt vor (ABS/NBS Hanau - Erfurt; Kosten = 8,5

Mrd DM).

 

Dies erscheint aus verschiedenen Gründen nur wenig vorteilhaft. Da ein Ausbau (bzw. teilweiser Neubau) zwischen Hanau und Fulda nur eher geringfügige Fahrzeitgewinne verspricht, würden sich auf der Verbindung Frankfurt - Kassel - Hannover - Hamburg/ Bremen(/Berlin) so gut wie keine Verbesserungen ergeben. Die hohen, durch den Bau einer Neubaustrecke erreichbaren Fahrzeitverkürzungen kämen somit im wesentlichen "nur" Reisenden in Richtung Erfurt - Leipzig - Dresden zugute.

 

Demgegenüber hätte eine bereits in Frankfurt beginnende Neubaustrecke den Vorteil, dass sie durch das nähere "Heranlegen" an Frankfurt zusätzlich von den Zügen in Richtung Kassel genutzt werden könnte. Durch diesen Bündelungseffekt würden sich dann nicht nur in Ost-West -, sondern auch in Nord-Süd - Richtung hohe Fahrzeitgewinne ergeben. Die Neubaustrecke könnte so zukünftig von ca. 4 statt nur von ca. 2 IC/ICE-Linien genutzt werden und käme somit wesentlich mehr Reisenden zugute als bei der bisherigen Konzeption.

 

Die Planungen des BVWP 2003* einschließlich der sogenannten Mottgers-Spange [= NBS (Frank­furt -) Gelnhausen - Mottgers - (- Fulda/Würzburg)], die zwar auch von diesem Bündelungseffekt profitieren würden; führen hingegen nur zu eher geringen Fahrzeitgewinnen von ca. 5 - 10 min. Im Vergleich zu einer direkten Neubaustrecke wäre die Fahrzeit um ca. 25 Minuten länger.

 

Auch hätte ein Bau der Mottgers-Spange statt einer deutlichen Streckenverkürzung eine Verlän­gerung der Fahrstrecke zur Folge. Man würde sozusagen auf einer der wichtigsten Bahnstrecken Deutschlands einen neuen Umweg von bis zu 10 Kilometern Länge ins Streckennetz einbauen. Im Vergleich zu einer direkten Neubaustrecke wäre die Fahrstrecke sogar um gut 25 Kilometer länger. Auch aus diesem Grund erscheint die Mottgers-Spange nicht als eine zukunftsträchtige Alternative des Netzausbaus.

 

Die langfristig gesehen vorteilhafteste Lösung dürfte daher im Bau einer direkten Neubaustrecke zwischen Frankfurt und den bestehenden Neubau- bzw. Ausbaustrecken in Richtung Kassel bzw. Erfurt bestehen [sowie unabhängig davon in einem weiteren Aus-/Neubau zwischen Frankfurt und Würzburg], da nur so auf sämtlichen Verbindungen größtmögliche Strecken- und Fahrzeitver­kürzungen erreichbar sind. Zu Beachten ist auch, dass nur bei Bau einer direkten Neubaustrecke zwei zusätzliche und vom vorhandenen Streckennetz unabhängige Gleise bereits direkt aus dem Knoten Frankfurt zur Verfügung stehen würden und nicht erst ab weit außerhalb Frankfurts.

 

Auch der mögliche Einwand, Fulda werde bei diesen Plänen vom Fernverkehr abgekoppelt, ist nicht stichhaltig. Durch die ICE - Linie Hamburg - Hannover - Fulda - Würzburg - München bliebe Fulda für eine 65 000 Einwohner Stadt durch stündliche Halte sehr gut in das ICE-Netz der Bahn eingebunden. Weitere Fahrtziele im Südwesten oder Osten könnten auch nach Verwirklichung einer NBS Frankfurt - Kassel/Erfurt von Fulda aus etwa durch eine IC/IRE-Linie Frankfurt - Hanau - Fulda - Bad Hersfeld - Eisenach - Gotha - Erfurt - Weimar - Jena - Gera - ... - Dresden oder durch Umsteigen in Frankfurt bzw. Eisenach hinreichend gut erreicht werden. (Vgl. auch mit Jena durch VDE Nr. 8.)

Und als Umsteigebahnhof von Verkehren aus dem Raum Dresden - Leipzig/Halle in Richtung Würzburg - Nürnberg - München ist Fulda nach Inbetriebnahme der Neubaustrecke Erfurt - Ebensfeld (- Nürnberg) nicht mehr notwendig.

 

Zu Bedenken ist auch, dass bei einem Bau der Mottgers-Spange Aschaffenburg mehr oder weniger vom ICE-Netz abgekoppelt würde. Bei Bau der hier vorgeschlagenen Lösung würde hingegen sowohl Aschaffenburg als auch Fulda durch jeweils eine Linie ans ICE-Netz angebunden bleiben. Zusätzliche wäre mit einer Neubaustrecke Frankfurt - Kassel/Erfurt über Verbindungs­spangen eine Anbindung von Gießen etwa für Züge in Tagesrandlage denkbar. (Ein weiterer Ausbau zwischen Frankfurt und Würzburg müsste und sollte durch separate Maßnahmen erfolgen; perspektivisch z.B. durch einen Neubauabschnitt Frankfurt-Louisa - Aschaffenburg entlang der A35.)

 

Soll Bad Hersfeld in die ICE Linie Frankfurt - Erfurt - Leipzig - Berlin/Dresden eingebunden bleiben, wäre ggf. auch eine Trassenvariante des Astes Richtung Erfurt über Bad Hersfeld denkbar (ggf. mit neuem Haltepunkt an der NBS). Eventuell könnte auch eine Stufenlösung sinnvoll sein, in der zunächst gemäß den derzeitgen Planungsstand des BVWP eine ABS/NBS von der NBS Hannover - Würzburg bei Niederaula...Kirchhheim über Bad Hersfeld bis westl. von Eisenach realisiert würde und als 2. Baustufe eine Einfädelung einer aus Richtung Frankfurt kommenden A5 Trasse in diese Strecke erfolgen könnte.

 

 

 
2.4 Fernbahntunnel Frankfurt
 
Im Frühjahr 2019 ist für den Fernverkehr (wieder) ein Tunnel unter Frankfurt ins Gespräch gebracht worden. Dieser soll bei geschätzten Baukosten von 3,6 Mrd EUR ein Fahrzeitgewinn von bis zu 8 Minuten im Fernverkehr ermöglichen. Davon ca. 3 Minuten Fahrzeitverkürzung durch die etwas kürzere und bessere Trassierung der Tunnelstrecke und ca. 5 Minuten durch den Entfall des Richtungswechsels im Frankfurter Hauptbahnhof. 
Da ein Zug im Frankfurter Hbf jedoch mind. 4 - 5 Minuten halten sollte, und die Haltezeit mit Fahrtrichtungswechsel heute auch nur 6 Minuten beträgt (und für die vielen in Frankfurt ein- und aussteigende Fahrgäste die Länge des Fahrtrichtungswechsels sowieso keine Rolle spielt), erscheinen dem Verfasser die angegebenen 8 Minuten Fahrzeitverkürzung als deutlich zu hoch angesetzt. Realistisch dürfte eher ein Fahrzeitgewinn von im Schnitt vielleicht 4 Minuten sein. (Die außerdem durch den umständlicheren Zugang zu einer neuen Tiefebene im Frankfurter Hbf auch wieder verloren gehen könnten.) 
Darüber hinaus braucht in einem „Verdoppelung des Bahnverkehrs bis 2030 Szenario“ auch nicht jeder über den Raum Frankfurt verkehrende ICE im Frankfurter Hbf zu halten, sondern könnte bspw. jeder zweite Zug aus Richtung Nordosten über eine durchgebundene Neubaustrecke mit hohem Fahrzeitgewinn direkt weiter in Richtung Mannheim-Stuttgart oder F-Flughafen fahren.
Damit erscheint eine Investition von knapp 4 Mrd EUR in einen Frankfurter Fernbahntunnel zur Erzielung kürzere Reisezeiten doch von eher fragwürdigem Nutzen zu sein. Besser wäre es, diesen Betrag in eine kostengünstiger zu bauende Neubaustrecke außerhalb der Stadt zu investieren. 

 

 

 

2.5 Tabellarischer Vergleich derzeitige Planung / A 5 Trasse

 

 

heute

A 5 Trasse

BVWP 2030*

Verkürzung Alternative / BVWP

Fahrzeit Frankfurt - Kassel

80 min

50 min

75 min

30 min / 5 min

Fahrzeit Frankfurt - Hamburg

3 h 35 min

2 h 40 min

3 h 30 min

55 min** / 5 min

Fahrzeit Frankfurt - Bebra

75 min

40 min

65 min

35 min / 10 min***

Fahrzeit Frankfurt - Berlin

4 h 00 min

2 h 55 min

3 h 30 min

65 min / 30 min

Fahrzeit Frankfurt - Dresden

4 h 25 min

3 h 05 min

3 h 30 min

80 min / 55 min

[Fahrzeit Kassel - Mannheim****

1 h 55 min

1 h 10 min

1 h 45 min

45 min / 10 min]

Entfernung Frankfurt - Kassel

194 km

177 km

200 km

17 km / -- [6 km länger]

Entfernung Frankfurt - Hamburg

515 km

473 km

498 km

42 km / --

Entfernung Frankfurt - Bebra

157 km

141 km

169 km

16 km / -- [12 km länger]

[Entfernung Kassel - Mannheim****

267 km

248 km

279 km

19 km / --  [+ 12 km]]

Werte teilweise gerundet. In Verbindung mit anderen Projekten [NBS HH-Harburg - Celle-Süd, Bebra - Erfurt und Berlin - Halle Vmax. = 230 km/h]

  * In Verbindung mit einer Neubaustrecke Maschen - Celle-Süd

** BVWP 2030: Ca. 7 min Fahrzeitgewinn durch die Mottgers-Spange und ca. 7 min durch eine NBS Blankenheim - Kirchheim. [Also 7 min Fahrzeitgewinn Frankfurt - Kassel bzw. 14 min Frankfurt - Erfurt.] Genauere Aussagen können erst gemacht werden, wenn die endgültige Streckenführung feststeht. Fahrzeiten auf 5 min gerundet Fahrzeiten teilweise In Verbindung mit anderen Projekten.

*** Kassel - Mannheim via durchgehende Neubaustrecke von (Kassel -) Kirchheim bis Mannheim entlang A5 ohne Halt in Frankfurt.

 

 

 

 

2.6 Verkehrsprognose 2030

 

 

 

Strecke

Verkehrsaufkommen [Mio Reisende Jahr]*

Frankfurt - Mannheim

19,7

Mannheim - Stuttgart

18,8

Frankfurt - Fulda (- Kassel / Erfurt)

14,1

Köln - Frankfurt

14,1

Hannover - Kassel

13,0

Erfurt - Halle/Leipzig

12,9

Stuttgart - Ulm

12,0

Berlin - Hannover

9,9

Nürnberg - München

9,1

Hannover - Hamburg

8,7

Hannover - Bielefeld

8,7

Berlin - Halle/Leipzig

8,5

Nürnberg - Würzburg

7,6

Erfurt - Nürnberg

6,7

Fulda - Erfurt

6,7

Karlruhe - Basel

6,2

Hamburg - Dortmund

6,1

Hamburg - Berlin

5,6

Fulda - Würzburg

5,1

Frankfurt - Würzburg

5,0

  * Verkehrsbelastungen des SPV im Bezugsfall 2030 (Reisende/Jahr)[5]

 

 

 

2.7.1 Nutzen Aufwands Analyse im Vergleich zur derzeitigen Planung[5, 6]

 

 

Nutzen in Bezug auf den Fahrzeitgewinn im Fernverkehr, Aufwand in Bezug auf die zu bauende Streckenlänge in Kilometer

 

 

BVWP 2030*

NBS Frankfurt – Kassel/Erfurt

Nutzen

7-10 min für 7,8 Mio Reisende +

17-20 min für 6,4 Mio Reisende

30 min für 7,8 Mio Reisende +

35 min für 6,4 Mio Reisende

Nutzen, relative Einheiten

163 - 206 (36 / 45 %)

458 (100 %)

Aufwand

20 km Hanau – Gelnhausen +

35 - 50 km Gelnhausen - südl. Fulda +

41 km Niederaula – Gerstungen

140 km Frankfurt-West – Mecklar inkl. Abzw. in Ri Kassel

Aufwand, bezogen auf die Baulänge in %

96 - 111 km (69 / 79 %)

140 km (100 %)

Engpaßauflösung

ja

ja

  * Planungsstand 2018. Reisende im Jahr (Bezugsfall) nach PRINS, Variante I - III ca. 7 min (Mottgers), Variante IV - VII ca. 10 min Fahrzeitgewinn Frankfurt - Fulda

 

 

 

2.7.2 Nutzen - Kosten Analyse nach[5, 6], siehe auch Anhang

 

 

 

Entwurf BVWP 2030

NBS Frankfurt - Kassel/Erfurt

Barwert der Nutzen

5.860,7 Mio. EUR

13.116,1 Mio. EUR

Barwert der bewertungsrelevanten Investitionskosten

3.178,8 Mio. EUR

5.424,3 Mio. EUR

Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV)

1,8

2,4

 

 

 

 

 

3. Zusammenfassung

 

Eine moderne und leistungsfähige Eisenbahninfrastruktur ist nach wie vor von gewisser Bedeutung für das Leben und Wirtschaften in einem Land. Sie ist zudem Voraussetzung für eine wünschens­werte Verkehrsverlagerung zugunsten des umweltfreundlicheren Schienenverkehrs.

Die Eisenbahn hat hier im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern den größten Nachholbedarf, da ihr Streckennetz noch überwiegend aus dem vorletzten Jahrhundert stammt. So sind seit Bestehen der Bundesrepublik zwar ca. 12 000 km neuer Autobahnen gebaut worden, aber nur ca. 1 200 km neuer Schienenstrecken. Daher weisen selbst Bahnstrecken mit einem sehr hohen Verkehrsauf­kommen oft noch ausgesprochen umwege- und kurvenreiche Streckenführung mit entsprechend langen Fahrzeiten auf; mit all den bekannten Folgen hinsichtlich des Verkehrsanteils der Bahn.

 

Das gilt im besonderem Maße auch für die verkehrsgeographisch wichtige Strecke Frankfurt - Kassel/Erfurt zwischen dem Rhein-Main-/Rhein-Neckar-Gebiet, dem Raum Stuttgart und den übrigen Teilen Südwestdeutschlands einerseits sowie Nord-/Ostdeutschland mit den Ballungs­räumen Berlin, Hamburg, Bremen, Hannover/Braunschweig, Halle/Leipzig und Dresden/Chemnitz andererseits.

Zur nachhaltigen Verbesserung dieses unbefriedigenden Zustands erscheint daher der Bau einer ca. 130 Kilometer langen direkten Verbindungsstrecke zwischen Frankfurt und den bestehenden Neu- und Ausbaustrecken in Richtung Kassel - Hamburg bzw. Erfurt - Berlin entlang der Autobahn 5 als die vorteilhafteste und zukunftsweisenste Lösung.

 

Durch

- die kürzere Streckenführung,

- die auf einer Neubaustrecke möglichen hohen Fahrgeschwindigkeiten,

- die optimale Anbindung Frankfurts an das Schnellfahrnetz der Bahn und

- die Verwirklichung einer Netzstruktur mit längeren durchgehenden Schnellfahrabschnitten

wären dann im Personenverkehr auf zahlreichen Verbindungen hohe Fahrzeitgewinne von einer guten halben Stunde möglich.

Zugleich ließe sich so in einem zentralen Bereich des deutschen Eisenbahnnetzes eine deutliche Steigerung der Strecken-/Netzkapazität mit der Möglichkeit zusätzlicher Zugleistungen im Nah-, Fern- und Güterverkehr erreichen.

 

Demgegenüber erscheint die derzeitige Planung, auf der verkehrsgeografisch nach Frankfurt - Mannheim und Mannheim - Stuttgart drittwichtigsten Bahnstrecke Deutschlands nur einen Minimal-Fahrzeitgewinn von wenigen Minuten zu realisieren, nicht zukunftsweisend.

 

 

 

 

4. Anmerkungen

Denkbare Streckenführung

Fahrzeiten im Fernverkehr vor und nach Verwirklichung einer Neubaustrecke Frankfurt - Kassel/Erfurt

Nutzen-Kosten-Analyse

 

 

5. Karten

Abschnitt Frankfurt - Bebra: 1   2   3   4   5   6   7   8   9   10; [Abschnitt Bebra - Erfurt: 1   2   3   4   5   6   7   8   9]

 

Die Karten sind als Studienskizzen zur Abschätzung des Trassenverlaufs, von Entfernungen usw. zu verstehen. Copyright der verwendeten topographischen Karten: Mit freundlicher Unterstützung der Landesvermessungsämter der Bundesländer.

 

 
 

6. BVWP 2003 [BMVBW]

NBS/ABS Hanau - Würzburg / Fulda - Erfurt

Entwurf zum BVWP 2030

 

7. Download

"Denkbare Neukonzeption der NBS/ABS Hanau - Würzburg / Fulda - Erfurt" [PDF-Datei]"

 

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